Purpose-To-Practice

Auf Deutsch (etwa):

Vom Ziel in die Umsetzung

Die fünf Kernelemente für ein belastbares und beständiges Projekt definieren

Dauer:

120 Minuten

Was wird ermöglicht?

Indem zu Beginn ein Purpose-To-Practice (oft als P2P abgekürzt) für ein Projekt oder eine Initiative definiert wird, können die Beteiligten gemeinsam alle Elemente gestalten, die für den Erfolg entscheidend sind. Die Gruppe beginnt damit, einen gemeinsamen Purpose, also einen gemeinsamen Sinn und Zweck bzw. ein gemeinsames Ziel zu formulieren (d. h.: Warum ist die Arbeit für alle Teilnehmenden und die größere Gemeinschaft wichtig?). Alle weiteren Elemente – Grundsätze, Teilnehmende, Struktur und Praktiken – sollen dazu beitragen, diesen Purpose zu erreichen. Dadurch, dass die Teilnehmenden diese fünf Elemente zusammen gestalten, klären sie, wie sie sich selbst organisieren können, um auf kreative Weise flexibel und gemeinsam erfolgreich zu sein. Bei großen Initiativen ermöglicht Purpose-To-Practice es, viele Interessengruppen dabei einzubeziehen, zukünftige Projekte zu gestalten.

Die fünf Strukturelemente – Minimalanforderungen

1. Die Einladung gestalten

Für alle oder die meisten Stakeholder, also diejenigen, die von einem Projekt oder Thema betroffen sind: 

  • „Beteiligt euch an der Gestaltung des neuen Projektes und legt dessen fünf Kernelemente fest: Purpose, Grundsätze, Teilnehmende, Struktur und Praktiken.“

2. Raumgestaltung und benötigtes Material

  • Stühle und kleine Tische für die Arbeit in Vierer-Gruppen
  • Eine große Wand mit Packpapier, um das Purpose-To-Practice-Ergebnis für jedes Element festzuhalten
  • Purpose-To-Practice-Arbeitsblätter oder je ein leeres Blatt für jedes der fünf Elemente für alle Teilnehmenden

3. Art der Beteiligung und Einbindung

  • Alle Personen, die an dem Projekt beteiligt oder davon betroffen sind, werden einbezogen.
  • Alle haben die gleiche Gelegenheit, etwas beizutragen

4. Aufteilung der Gruppe(n)

  • 1-2-4-All
  • Die gesamte Gruppe gemeinsam, um die Elemente zu finalisieren

5. Schritte und zeitliche Abfolge

  • Eine Person stellt die Idee von Purpose-To-Practice, die fünf Elemente und die damit verbundenen Fragen vor und teilt leere Arbeitsblätter aus. (5 Min.)
  • Um das erste Element, den Purpose, zu klären, stellt euch die Frage: „Warum ist das, was wir tun, für uns und die größere Gemeinschaft wichtig?“
  • Nutzt ein 1-2-4, um individuelle Ideen und Geschichten für den Purpose zu entwickeln. (10 Min.)
  • Vergleicht, filtert und ergänzt in den Vierer-Gruppen die besten Ideen. (10 Min.)
  • Sammelt in der ganzen Gruppe die Ideen aus den Kleingruppen an der Wand, fasst ähnliche zusammen und finalisiert so den Purpose des Projekts. (10 Min.)
  • Nutzt ein 1-2-4-All für jedes weitere Element des Purpose-To-Practice. Es kann notwendig sein, dass ihr nochmal zu vorherigen Elementen zurückkehren müsst, um sie zu überarbeiten (rechnet mit einer gewissen Nichtlinearität). Nutzt die folgenden Fragen als Orientierung:
  • Grundsätze: „An welche Regeln und Vereinbarungen müssen wir uns unbedingt halten, um unseren Purpose zu erreichen?“
  • Teilnehmende: „Wen müssen wir einbeziehen, um unser Ziel zu erreichen?“
  • Struktur: „Wie organisieren wir uns (Makro- und Mikrostrukturen), um Einfluss und Verantwortung zu verteilen?“
  • Praktiken: „Was werden wir tun? Was werden wir unseren Kund:innen/Nutzer:innen anbieten und wie tun wir das?“
  • Fragt nach jedem Element: „Hat dieses Element neue Erkenntnisse gebracht, die nahelegen, dass die vorherigen Elemente überarbeitet werden müssen?“ (5 Min.)
  • Wenn alle Elemente bearbeitet sind, tretet einen Schritt zurück und seht euch euren Entwurf der fünf Elemente gemeinsam an. Findet euch dann in Kleingruppen zusammen, durchdenkt mit What, So What, Now What? alle möglichen nächsten Schritte, und priorisiert diese schließlich in der ganzen Gruppe. (15 Min.)
  • Nachdem das Projekt gestartet ist, überprüft regelmäßig euren Purpose-To-Practice-Entwurf und passt die einzelnen Elemente ausgehend von euren Erfahrungen an.

Intention und Anwendungszweck

  • Die Vorstellungskraft aller Beteiligten aktivieren, um die gemeinsame Zukunft der Gruppe zu gestalten
  • Vermeiden, dass eine kleine Gruppe von Menschen hinter verschlossenen Türen allein die Entscheidungen trifft
  • Alle Elemente, die für den Start und die Aufrechterhaltung eines Projekts erforderlich sind, zusammenführen, wodurch ein fragmentierter Prozess vermieden wird
  • Innovative Strategien entwickeln, die schnell umgesetzt und verbreitet werden können, weil sie von allen mitgetragen werden.
  • Stärkung der Resilienz und der Fähigkeit, Probleme aufzufangen, indem die Entscheidungsmacht gerecht verteilt wird
  • Die Fähigkeit fördern, jedes Element schnell an veränderte Umstände anzupassen

Tipps und Stolperfallen

  • Der wichtigste Schritt ist, einen kraftvollen, überzeugenden Purpose zu formulieren. Ihr könnt zusätzlich Nine Whys, Appreciative Interviews oder TRIZ nutzen, um das Gespräch zu vertiefen.
  • Ein Purpose kann entweder positiv formuliert sein als etwas, das ihr schaffen oder erschaffen wollt; oder negativ als etwas, das ihr beenden oder vermeiden wollt.
  • Arbeitet iterativ, indem ihr in schnellen Abläufen schrittweise „vorwärtsscheitert“.
  • Es kann erforderlich sein, dass ihr euch über Wochen oder sogar Monate mehrmals trefft.
  • Das Element „Struktur“ erfordert in der Regel am meisten Vorstellungskraft, ermöglicht aber den Wechsel von einer hierarchischen zu einer dezentralen Kontrolle.
  • Grundsätze: Was wir tun müssen und was wir vermeiden müssen, ergibt sich oft aus den harten Lektionen, die man in der Praxis gelernt hat (positiv und negativ).
  • Vertraut in die Kraft der kleinen Gruppen, diese schwere Aufgabe zu meistern. Bleibt am Ball!
  • Haltet euch an den Zeitplan und führt zwei Runden durch, falls ihr mehr Zeit benötigt.
  • Greift auf eure eigenen Erfahrungen zurück, auf die inspirierenden ebenso wie auf die frustrierenden. 
  • Vertraut während des Prozesses auf eure Intuition.
  • Übernehmt spezielle Rollen, wenn ihr dafür ein Talent habt (z. B. schreiben, zeichnen, zusammenfassen). 

Varianten und Kombinationen

  • Beginnt mit einem 30-minütigen, sehr schnellen Ablauf, der alle fünf Elemente abdeckt, um die Notwendigkeit eines starken und klaren Purpose zu verdeutlichen: Wenn es daran fehlt, kann es schnell passieren, dass ihr einen halbgaren Entwurf erstellt.
  • Die Ideen grafisch festzuhalten, z. B. mit einem Graphic Recording, kann helfen, dass ihr während des anspruchsvollen Entwurfsprozesses aufmerksam und konzentriert bleibt.
  • Bereichert das Gespräch über die Praktiken, indem ihr auch Fragen wie diese stellt: „Was passiert um uns herum, das uns eine Chance bietet?“, „Was steht auf dem Spiel, wenn wir kein Risiko eingehen?“, „Wo fangen wir denn nun an?“
  • Wenn es zu viel ist, alle fünf Elemente in ein Projekt zu integrieren, dann beschränkt euch auf die Elemente, die euch am wichtigsten erscheinen.
  • Verwendet die fünf Purpose-To-Practice-Fragen routinemäßig als einfache Checkliste für kleine Projekte.
  • Nutzt sie in virtuellen Gruppen, indem ihr die fünf Fragen im Chat mit 1-2-All beantwortet. Sichtet und sortiert die Antworten mit Hilfe des Whiteboards und einer Person, die die Rolle des „Katalysators“ übernimmt, also beispielsweise neue Zusammenhänge herstellt. Macht euch in den ersten Runden keine Sorgen um Perfektion. Virtuelle Runden können den Austausch vor Ort vertiefen oder ergänzen.
  • Nutzt Purpose-To-Practice, um ein längeres Meeting zu strukturieren (z. B. ein Planungs- oder Strategie-Retreat).

Quellen und Inspiration

Diese Liberating Structure wurde von Henri Lipmanowicz und Keith McCandless entwickelt. Inspiriert wurde sie von Dee Hock (siehe Literaturverzeichnis).

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